Ich hab auf relativ unkompliziertem (und vor allem kostenlosen Wege) Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ in die Hände bekommen und mir vorgenommen, es Stück für Stück zu lesen und eher spotlighthaft zu rezensieren. Ich steck da nicht allzu viel Energie rein, das kann sich also eine Weile hinziehen oder evlt. vorzeitig abbrechen, aber ich fang an der Stelle mal mit der Einleitung an:

EINLEITUNG
(Seite 7-21)
Vorneweg:
Die Worte „Islam“ und „Muslim“ kommen hier (noch) nicht vor. Die Aussagen zu diesem Themenbereich werden nur angedeutet, scheinen durch in Ausblicke auf das Buch, wohingegen andere Inhalte schon klar benannt werden.
Am Beginn der Einleitung steht eine positiver wirtschaftspolitischer Rückblick. Die Deutschen haben alle Krisen der letzten 60 Jahre gemeistert. Der daraus entstandene Grundoptimismus hat allerdings den scharfen Blick der Deutschen getrübt, so dass sie aktuelle „Gefährdungen und Fäulnisprozesse im Inneren der Gesellschaft“ nicht mehr wahrnehmen.
Schon auf der ersten Seite erklärt er, wie der die „absurde Befürchtung“ meint: die geringe Geburtenrate führt dazu, dass laut seiner Rechnung im Jahr 2100 nur noch 200.000 bis 250.000 Menschen geboren werden, davon wahrscheinlich mehr als die Hälfte mit Migrationshintergrund. Schock. „Die Deutschen hätten sich damit quasi abgeschafft.“
Dieses Problem der demografischen Entwicklung wurde, laut Sarrazin, in den letzten 45 Jahren (also seit 1965?) nicht mehr offen diskutiert, weil man gleich von den „Beschwichtigern und Verharmlosern“ in die „völkische Ecke“ gedrängt wird, wenn man ein wahres Wort sagt. Dass die 68er-Generation daran schuld trägt, blickt hier schon langsam durch.
Dann kommt zum ersten Mal eine von Sarrazins Aufzählungen, die sie durch das gesamte Buch ziehen.
„Es war tabu darüber zu reden:

Diese Aufzählung ist ein ganz gutes Beispiel dafür, was hier alles durcheinandergeht. Was diese drei Punkte miteinander zu tun haben erschließt sich nicht. Ist es in Deutschland tabuisiert zu sagen, dass zu nur 10 Prozent der möglichen Studenten Mathematik studieren können und noch weniger wollen? Und ist das wirklich schlimm? Diese Statistik soll wohl als Untermauerung des nächsten Punktes gelten, die Deutschen werden dümmer und weniger und übernehmen für sich keine Verantwortung. Während das erste aus irgendeiner Statistik gewonnen ist, beruft sich das zweite wahrscheinlich auf weitere Statistiken. Das dritte steht etwas deplatziert daneben und verkauft uns eine Binsenweisheit als Tabu, das nur er wagt auszusprechen.
Woran das liegt? An der politischen Korrektheit, die versucht individuelle Probleme gesellschaftlich einzuordnen. Ein rassistisches Umfeld, gesellschaftliche Ausgrenzungsprozesse gegen Arme als Ursachen für Fehlentwicklungen zu benennen geht gar nicht. Sarrazin bringt dagegen die Eigenverantwortung jedes Einzelnen in Stellung. Das ihn das schon lange beschäftigt zeigen zwei Ereignisse, die immer noch an ihm nagen:
-der Protest, als er den Hartzis vorrechnete, dass sie mit ihrem Essensgeld gesund leben können, wenn sie nur wollen
-der Protest, als er den Hartzis nahelegte, sich warm anzuziehen, und so Heizungskosten zu sparen
„Die Gutmenschen“ wissen einfach seine gutgemeinten Tipps nicht zu würdigen. Den eigenen Zynismus scheint Sarrazin auch Jahre nach diesen Kommentaren immer noch nicht begriffen zu haben. Die Harzis sind ein Problem, das ist klar. Sarrazin drückt das so aus:

Sein Buch. Das ist, so versichert er, von „Genauheit“, „Klarheit“ und „Sachlichkeit“ geprägt und verzichtet auf „Wortgiranden“. Und was er ausspricht ist zu wichtig, um es zu verschnörkeln. Die Wirtschaftskraft Deutschlands sinkt und die Voraussetzung für Wirkschaftskraft, das Humankapital, wird schlechter. Dabei waren die Voraussetzungen so gut. Trotz Kriegszerstörung, durch Flucht „durcheinandergewirbelte“ Bevölkerung und zu 90% Nazis in Führungspositionen gelang durch deutschen Fleiß schnell der Wiederaufbau und die Vertriebenen waren dabei die Fleißigsten. Das Versprechen der „sozialen Markswirtschaft“ einte das (westdeutsche) Volk. Kritische Episoden, wie die 68er-Proteste fasst Sarrazin so zusammen:

In einer Phase der gesteigerten Weltmarktkonkurrenz, in der sich die Deutschen nicht mehr auf Erreichtem ausruhen können, kann sich Deutschland keine gesellschaftlichen Spirenzchen (Geburtenrückgang, dumme Zuwanderer, Hängemattenmentalität) erlauben. Es ist ernst.
Die vier Hauptprobleme, die er in seinem Buch angehen will sind also:
-zu wenig deutsche Babys
-faule Arme
-ungebildete und ungläubige Deutsche
- qualitativ minderwertige Ausländer
oder wie Sarrazin es formuliert:

Doch wir können etwas verändern. Wir können gegensteuern, schließlich sorgen wir uns ja auch um das Weltklima, und das ist ja wohl deutlich schwerer zu beeinflussen, als 82 Millionen Deutsche. Aber es ist an der Zeit mit diesem Umweltschnickschnack mal aufzuhören. Warum?

Das Problem hat zwei Namen: Gottlosigkeit und fehlender Nationalstolz. Beides nimmt den Menschen den Blick auf das große Ganze, was es zu bewahren gibt. Wer nur noch stolz auf sein Fußballteam und nicht mehr auf seinen Staat sei, könne Probleme wie eine ungebremste Einwanderung nicht mehr wirkungsvoll angehen. Und gesellschaftliche Prozesse sind veränderbar. Wir können etwas tun. Schon Konfuzius wusste. Sarrazin sagt:

und

Doch trotztdem, das ist Sarrazin wichtig, gibt es neben der ganzen Veränderung auch Konstanten. So z.B. „die regionalen und nationalen Eigenheiten der Völker“, „der Einfluss der Religion, die überkommenen Bräuche, die Bande der Familie und der Respekt vor dem Alter“. Das alles hilft gegen Entfremdung des Individuums „und ganzer Völker“. Die „goldenen Zeitalter“, in denen die Welt (für alle) in Ordnung waren, weil die gerade genannten Elemente eingehalten wurden, hielten nicht für immer, das weiß Sarrazin. Die Gründe warum sie hielten, lesen sich wie die Beschreibung aus einer Damenbindenwerbung:

Sarrazin will so einen Zustand wiedererlagen. Und er weiss dass die aktuellen Fehlentwicklungen bekämpft werden müssen. Denn, so wie es ist bleibt es nicht. Alles fließt. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Die Würfel noch nicht gefallen. Oder wie Sarrazin Willy Brandt zitiert: „Nichts kommt von selbst, und nur wenig ist von Dauer.“ Es gibt nicht gutes, außer man tu es.

Ende der Einleitung. Fünf Euro ins Phrasenschwein.
Alle Textkästen und Textteile in Anführungszeichen sind aus der Einleitung des Buches.